Fu Kar We: F R a U is for me (and Tatouage) G
Frau G.
Dienstag, 17. Februar 2004
Dufte Aussichten
Irgendwie scheint es verpöhnt zu sein, sich gewisse persönliche Lebensregeln zu setzen, kommt das doch einem muffigen Spiessertum gleich und wir alle wollen ja heutzutage cool und hipp und hopp sein. Spiessig sind die anderen, die mit den zwei Streifen auf den Turnschuhen, die Urlaub auf Mallorca machen, Rosamunde Pilcher lesen, sich bei Karstadt die Haare schneiden lassen und lackierte Regenjacken im Reptiliendruck tragen. Das geht quasi gar nicht.

Aber inzwischen sind die Regeln hinsichtlich der Shitliste und der absoluten Don´ts noch weiter verschärft worden, also Obacht AnfangMitteEndeDreissigerInnen, dass Ihr den Anschluss nicht verpasst: Spiessertum pur das schliesst inzwischen ebenfalls ein, Frauen, die kochen können, Männer,die ihr Bier aus dem Glas trinken und Kinder, deren Eltern verheiratet sind. Das ist quasi genauso gegen den Trend, wie Schlafanzüge, Kleingärten und Frotteebettwäsche.

Pumaturnschuhe, Sushi, Backöfen die Spinnweben ansetzen, bauchfreie Oberteile, Arschgeweihe, Mixgetränke, Chillinchilloutchilloff, Discos in denen man öffentlich vögeln darf, kokszerfressene Gehirne, angeschweisste Haare, Titten und Wangenknochen, all das liegt dagegen voll im Trend.

Der Duft von Bratkartoffeln in der Wohnküche von Bulthaupt, der sich zwischen den ganzen Alessi Geräten hindurchschlängelt ist definitiv out, out und nochmals out.

Allerdings stellt sich mir in diesem Zusammenhang die grosse Frage, ob der Geruch nach einsamer alter Frau je in sein wird, wenn all die hippen, gepiercten, tättowierten, allesvögelnden, vom Alk aufgedunsenen, gesichtsalten Partyschnecken, Berlinmittewohnerinnen und Tabledancerinnen die 50 überschritten haben und ihnen nichts bleibt als eine Vergangenheit, die sich irgendwie nicht an die Gegenwart anschliesst. Dann doch lieber eine ordentliche Ladung goldbrauner Bratkartoffeln und eine gesunde Einstellung zum echten Leben und die Erkenntnis, dass cool sein weder wichtig noch immerzu möglich ist, wenn man auch im Alter noch eine gewisse Daseinberechtigung geniessen möchte.

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ach ja, immer die feinen unterschiede, distinktionsgewinne, symbolisches kapital gespeist aus der dialektik von gruppendruck und gleichzeitiger abgrenzung. wer muss dies elend nicht zumindest temporär durchmachen? über die gründe derlei gehabes kann man trefflich filosofieren - die frage bleibt, ob man dazugehören will und wenn ja wozu eigentlich? und bratkartoffeln sind lecker!
torsten|hyperlog.de

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Wow,
das hat was. Doch, das hat was.

Woher haben Sie die Kenntnisse über die In- und Outlisten? Liegen die irgendwo aus? Ich sehe, ich bin gar nicht auf dem Laufenden, kann da gar nicht mitreden. In der Disco zu vögeln ist mir noch nicht gelungen, Bratkartoffeln hingegen mag ich auch.

Klasse Text. Kompliment. ;o))

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Letzte Aktualisierung: 2013.07.29, 16:19