Fu Kar We: F R a U is for me (and Tatouage) G
Frau G.
Montag, 22. Dezember 2003
Last christmas...
Eigentlich bin ich schon ein Weihnachtsfan. Diese hübschen kleinen Dekorationen stehen, liegen und hängen überall. Kerzenschein, Adventskränze und Glühweinduft schwängern die Luft. Man isst gut und schenkt sich eine Kleinigkeit. Es gibt schlimmere Jahreszeiten, oder?

Eine Ausnahme allerdings muss ich hier anmerken: Weihnachten ist ein Familienfest und sich der buckligen Verwandtschaft in dieser Zeit zu entziehen, ist quasi nur möglich, indem man sich nach Feuerland einschifft und da ist es dann auch wieder Essig mit Kerzenschein, Adventskränzen und Glühweinduft. Und so kam es wie es kommen musste: Meine Mutter, im Freundeskreis als die Ichbins bekannt, kündigte sich überraschend zum Weihnachtsfest an. Motto: "Wir sehen uns nur noch sooooo selten". Nunja, auch paradiesische Zustände finden gemeinhin irgendwann ein Ende.

Normalerweise zog bis dato der Kelch der Weihnacht erfreulicherweise Jahr für Jahr an mir vorüber. Ich war Single, hatte keinen Ichbins-angemessenen Schlafplatz zu bieten und aus Platzmangel gab´s auch keinen Baum.

Inzwischen sah die Sache allerdings etwas anders aus. Der Ichbins größter Wunsch hatte sich erfüllt: ich hatte tatsächlich einen Trottel gefunden, der verliebt genug gewesen war, mich zu heiraten.

Das ständige Mantra der Ichbins „Ich seh es kommen, Du bleibst noch sitzen, Kind!“ änderte sich nun in „Ich hoffe wirklich, Du kannst ihn halten, Du musst mehr auf Dich achten, Kind!“

Bis zu diesem Zeitpunkt feierte die Ichbins also lieber stil gemäss mit Enkelkind bei meiner Schwester, der Passmalauf.

Die Passmalauf hat allerdings den unangenehmen Charakterzug, der Ichbins ziemlich ähnlich zu sein, sprich sie möchte den gesamten Ablauf der Festtage nach ihrer Nase bestimmen. Das aber befand die Ichbins inzwischen als absolut unzumutbar für sich und da kam sie verständlicherweise dieses Jahr lieber zu uns und bestimmte den Ablauf des Festes hier.

Hauptgrund war natürlich wie stets ein ganz anderer: Die Vorstellung, meine Schwiegereltern, (die Ichbins nennt sie „diese Leute“, sie spricht dann immer im Kursiv), könnten mich an ihrer Stelle herumkommandieren, erschien ihr einfach unerträglich.

Mein Bruder, in Familienkreisen unter dem Spitznamen Hömmaey bekannt, wäre übrigens auch ein heißer Kandidat für der Ichbins weihnachtliche Gunst gewesen, gäbe es da nicht die Lebensgefährtin des Hömmaeys. Die kann erstens nicht vernünftig kochen und ist zweitens an Weihnachten unverschämterweise auch zuhause, was die traute Zweisamkeit von Mutter und Sohn an einem solchen Feiertag irgendwie empfindlich stört.

So hatten wir zum ersten Mal in diesem Jahr die große Ehre und ich schnappte fast über vor Freude. Natürlich hatte die Ichbins bereits die Speisenfolge ab dem 4. Advent festgelegt. „Da machen wir Hasenpfeffer mit Kartöffelkes und Feldsalat, vergiss den ja nicht früh genug einzukaufen, hörst Du! Wann kaufst Du den Hasen denn ein? So spät? Na ja, Du muss es wissen, aber vergiss nicht den vorher einzulegen, mindestens eine Woche."

"Wir" bedeutet selbstredend grundsätzlich, dass ich die Zeit in der Küche verbringe, während die Ichbins gespannt die Probleme der "Verbotenen Liebe" im Ersten evaluiert. Leider machte ihr am Heiligabend die Familie meines Mannes einen Strich durch die Rechnung, denn dort mochte niemand der Ichbins angepriesenes Wildgericht essen. „Mit Krokettchen, Spätzle, Rotkohl und Preiselbeerchen!" Der ultimative Essenwunsch von dieser Seite lautete „Pute mit Apfelfüllung, klassisch“. Auch hier wurden im Übrigen bestimmte Wünsche angemeldet: „Bitte nicht so fett und ich möchte natürlich nur Brust", wie meine Schwiegermutter, nennen wir sie die EsmussEsmuss, nicht müde wurde zu betonen. Eine Haltung, welche die Ichbins ziemlich erbitterte, denn "wieso bitteschön muss man auf diese Leute irgendwie Rücksicht nehmen?" Hä? Eben!

Am 1. Weihnachtstag und eine Pute später, sahen wir uns alle wieder, denn „Weihnachten ist schließlich ein Familienfest!“ Die Ichbins fügte sich in ihr Schicksal mit diesen Leuten einen weiteren Tag zu verbringen.

Für mich war alles nur eine Frage der Zeiteinteilung. Und die Hauptsache dabei ist stets die, dass ich morgens um sechs mit dem Geklapper in der Küche, während ich die Reste des abends wegräume und Menü Nummer zwei vorbereite, niemanden aus seinem wohlverdienten Schönheitsschlaf reiße.

An diesem Tag gab es für die Gäste Seeteufel, mit Wildreis, Safransauce und Zuckererbsenschoten. Nur für meinen Schwiegervater, der keinen Fisch mag, nicht „Mach Dir keine Mühe, Kind, aber wenn ich Fisch esse, muss ich würgen.“ Er bekam Schweinefilet mit Champignons „Bitte ganz durch, bei rosé gebratenem Fleisch muss ich würgen“ und dazu Kartoffelgratin, denn bei trockenem Reis muss er ebenfalls würgen und Safransauce...nun ja.

Die Ichbins merkte an, dass es „so neumodische Gerichte früher nicht gab, da gab es Weihnachten Karpfen mit Meerrettich und fertig“. Sie aß zwei Portionen.

Für mich reichte an diesem Tag eine frische Packung Valium.

Am 2. Weihnachtstag gingen wir alle zusammen aus essen. Ein Umstand den jeder sehr begrüßte, sogar die Ichbins, obwohl sie im allgemeinen nicht scharf darauf ist, mit diesen Leuten auch noch essen zu gehen.

Mein Schwiegervater, ansonsten von würgen geplagt, bestellte sich ein großes Pferdesteak, was der Ichbins als passionierter Pferdeliebhaberin natürlich besondere Freude bereitete.

„Ach wie schön ist ein Pferd auf der Weide“, dozierte der alte Beutel fröhlich, „doch noch besser gefällt es mir als Steak auf dem Teller!“ „So?“ zischte die Ichbins, „Man ist, was man isst. Wer Pferdefleisch frisst, frisst auch kleine Kinder!“ Ich bat die Ichbins um Contenance, doch sie lies es sich nicht nehmen, meinen Schwiegervater den ganzen Abend lang „Edles Ross“ zu nennen und ihn zu ermuntern ruhig noch ein Bierchen zu trinken, er könne ja das Auto vor dem Restaurant stehen lassen und nachhause galoppieren.

Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen…Frohes Fest!

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Herrlich komisch!
Ich hoffe, Ihr Weihnachtsfest dieses Jahr ist nicht ähnlich verplant? ;o)

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Letzte Aktualisierung: 2013.07.29, 16:19