Fu Kar We: F R a U is for me (and Tatouage) G
Frau G.
Montag, 3. Oktober 2005
Es war einmal...
Menschen lieben es an ihren eigenen Legenden zu stricken. Marlene Dietrich zum Beispiel behauptete zeitlebens Einzelkind gewesen zu sein, obwohl sie eine Schwester hatte, weil sie fand, dass das besser zu ihrem Image passte.

Überhaupt, es ist ja kein Geheimnis, viele Stars machen sich jünger als sie sind, weil sie finden, dass das besser zu ihrem Facelifting passt.

Optik und Image sind überhaupt alles.
Das eine funktioniert eher schlecht ohne das andere. Denn auch wer langsamer spricht als Rudolf Scharping und aussieht wie Boris Becker, wird mit dem richtigen Image trotzdem zum begehrten Supermann, Werbeträger, Frauenheld und TV-Moderator.

Dafür sorgen Berater und die B*LD Zeitung.

Otto NormalverbraucherIn muss solcherlei Werbetrommelei meist selbst in die Hand nehmen und alles gestaltet sich in bescheidenerem Rahmen, doch auch was im Grossen läuft wie geschmiert, funktioniert im Kleinen bestens.

In Heiratsanzeigen zum Beispiel liest man nie von furzenden, Parkuhr grossen, sich den Bauch kratzenden Pizza Bestellern, die in ihrer Freizeit am liebsten Tekken 5 spielen, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind auf www.geileweibergratisdawirstebekloppt.de zu surfen. Und auch nicht von putzsüchtigen, Dauerdiätlerinnen, deren Freizeit in dicken Socken verheult vor Fernsehschmonzetten oder wahlweise auf frustierenden Single-Partys stattfindet.

Nein, in der Anzeige sind sie alle schön, erfolgreich, sportlich, sexy, glutäugig und flachbäuchig. Nur das passende, perfekte Pendant fehlt.

Und in modernen Zeiten kommt noch die Bühne der Chatrooms und Weblogs dazu, wo mit Hilfe schwer wiederlegbarer, gut durchdachter Lügen und grossartiger Bildbearbeitungsprogramme alles auf Hochglanz gepusht wird.

Da wird die mittelmässige Studentin mit der hässlichen Kackmaschine oder den fünf neurotischen Katzen, die schmallippig und farblos auch in fortgeschrittenem Alter noch ständig bei ihren Eltern herumhängt, weil ihre schimmelige Souterrainbude sie von Tag zu Tag mehr deprimiert, zur heissen Solobraut, deren Leben ein einziges Abenteuer ist, weil sie so schön, klug und schlagfertig durch den Tag schwebt.

Vom Penner bis zum Pizzamann wollen es alle, aber wirklich alle mit ihr treiben, was in zahlreichen Geschichten, Gedichten und anderen Märchen dokumentiert und festgehalten wird.

Denn natürlich ist es ungleich schwerer live und in Farbe ordentlich an einem grandiosen Image zu feilen, wenn jedem der Anwesenden freier Ausblick auf Hautunreinheiten, Quadratlatschen oder Gruselklamotten gewährt werden muss.

Es lebe die Virtualität mit all ihren Vorzügen!

Und wenn sie sich mal ein bißchen ausweint, bei ihrer treuen Fangemeinde, dann hauptsächlich damit mal wieder jemand die Möglichkeit hat zu schreiben "Oh nein, Du bist doch so toll." Oder auch "Oh, nein Du bist doch so toll. Komm doch endlich mal vorbei wenn Du wieder in Osterholz-Scharmbek bist. Damit ich dich ordentlich pimpern kann."

O.k. Letzteres wird natürlich nur gedacht und nicht gesagt. Das wäre unfein und dem Stil der Superbraut nicht angemessen.

Und Stil kann man nirgendwo so gut dokumentieren, wie im Internet. Nur dort wird der penetrante Dauer-Hinweis auf gerade erworbene Sportwagen, Immobilien und Antiquitäten, nicht mitleidig belächelt und mit dem Gedanken "Mein Gott, wie arm und klein und peinlich" und einer dicken Gänsehaut quittiert.

Hier finden sich Jünger, Anbeter, die offenen Mundes und glasigen Blickes klatschen, wie die Reisenden der Holzklasse nach der sicheren Landung auf Mallorca mit Danger Tours.

Es ist nämlich gesellschaftsfähig geworden eine dicke Welle anzugeben. Sich selbst auf der noblen Dachterrasse zu fotografieren, lässig den Drink in der Hand mit hochgerutschten Socken und im kackbraunen Einreiher.

Oder locker flockig an den geleasten Oberklassewagen gelehnt, die letzten drei Haare vorsorglich über die fortschreitende Glatze gekämmt, mit Drei Tage Bart im Gesicht und Pulli über den Schultern.

Und in den Kommentaren steht nicht etwa: "Ih." oder "Und was soll das nun bedeuten?" sondern "Toll!" "Super!" "Ich beneide Dich!"

Ich glaube das Problem an der Sache ist, dass ich mich in dieser Hinsicht einfach nicht weiter entwickelt habe. Was ich schon im Teenager Alter abstossend fand, mit dem kann ich mich auch heute noch nicht anfreunden.

Verdeck auf oder zu, grossmäuliger Daherquatscher oder nicht, die Jungs, bei denen ich früher bereits Ekelherpes bekam, wenn ich mir mit schaudern vorstellte, dass ihr dicklippiges Fischmaul meine Haut egal wo auch nur ansatzweise berühren würde, können auch heute noch keinen Blumentopf bei mir gewinnen.

Und zwar nicht nur wegen der Fischlippen, sondern vor allem wegen ihrer widerlichen Art sich stets grösser aufzublasen als sie sind und an andere unglaubliche Ansprüche zu stellen. Denn was ihnen die Natur nicht mitgegeben hat, soll nun ausgeglichen werden durch den perfekten Partner.

Und so wird von Karpfi fleissig an der Mär von sich räkelnden Supermodels in seinem Liegestuhl gestrickt und vom Rasiermesserschnütchen gibts weiter Anekdoten zu hören, von auf der Strasse vor Geilheit zusammenbrechenden Typen, die, ob des Bibliothekarinnen-Charmes der sich ihnen da bietet, völlig die Contenance verlieren.

Und auch das gab´s früher schon. Die Mauerblümchen, Langweiler, Popelfresser, die an jeder Ecke angeblich heisse Angebote bekamen und von jedem Verehrer rote Rosen in Form riesiger Sträusse.

Und man selbst dachte wahrscheinlich: verflixt, da habe ich mir unter Schmerzen die Beine epiliert, 10 Pfund abgenommen, mich in zu enge Highheels gequetscht und der süsse Dunkelhaarige hat mich trotzdem nie wieder angerufen. Was mache ich bloss falsch?

Allein der Glaube ist es der uns trägt. Oder trügt. Je nachdem.

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Ein knackiger Text, auch für den, der keine Eigenwerbung betreiben muss!

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So ist es! Am besten gefiel mir das mit der Parkuhr.

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Schade, gerne hätte ich hier eine ausufernde Kontroverse gelesen und erfahren, welcher Karpfi kackbraune Anzüge trägt. Aber die positiven Schöne-Homepage-Kommentierer schreckten wohl zurück.

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Och
Ich weiss ja dass es gelesen wird, das reicht schon. Und ausserdem: wie will man die Wahrheit kontrovers diskutieren?

Soll Karpfie etwa schreiben:"Mir scheissegal, dass die blöde Frau G. mich widerlich findet, bei mir räkeln sich trotzdem doll schöne Frauen auf dem Liegestuhl. Und wenn ich endlich meine Luftpumpe wiedergefunden habe, blase ich mir gleich die nächste auf! So!"

Oder erwartest Du allen Ernstes dass Rasiermesserschnütchen schreibt: "Ja, ich geb´s ja zu,*schluchz* Frau G. hat recht. Auf mich wirft weit und breit kein Mann ein Auge, nicht mal ein Hühnerauge. Und Karpfie ist sogar mir zu eklig.*heul*"

Nein, da heisst es: lesen, ärgern, Klappe halten und Ruhe bewahren. Und wenn dann doch noch Mr. oder Mrs. Right auftaucht, hat man die Möglichkeit die böse Frau G. und ihre Restpostentheorie Lügen zu strafen, indem man den neuen Partner ebenso geschickt aufbläst wie das Selbstbild. Kann ja keiner nachprüfen ob es denn Küsser des Jahrtausends tatsächlich gibt.

Und jetzt muss ich mich verabschieden um im Spiegel die verlorenen 15 Kilo zu bewundern, anschliessend in meinen Ferrari zu steigen und zu meiner 1,5 Millionen Villa zu brausen. Das Personal macht schon wieder Ärger...

Ja, das Leben ist hart.

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Ich bin ja ein postiver Denker, der es für möglich hielte, daß die seit Jahrzehnten unveränderten 95% normaler Menschen sich wenigsten verbal über die sich zunehmend öffentlich ausbereitenden 5% Angeber und Idioten hermachen.

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Letzte Aktualisierung: 2013.07.29, 16:19