Frau G. |
Mittwoch, 12. Januar 2005
Tief im Osten
frau g., 10:47h
Gestern hatte ich ein äusserst interessantes Gespräch mit einer Bankangestellten einer Sparkasse im Osten.
Nun habe ich ja schon früher die Erfahrung machen müssen, dass im Osten die Uhren oft noch anders ticken, was den Dienstleistungssektor angeht. Die Sachlage selbst verhält sich folgendermassen: eine Ferienimmobilie an der See soll in zwei Monaten zwangsversteigert werden. Der durch einen unabhängigen, vom Gericht bestellten Gutachter ermittelte Preis, setzt sich aus mehreren Kriterien zusammen, unter anderem auch aus der erzielbaren monatlichen Nettokaltmiete. Dieser Preis lag laut Gutachter bei 8 Euro. Einem Durchschnittspreis der sich aus der Lage und der anzunehmenden Miete durch Vergleichsmieten ähnlicher Objekte speist. Das ist üblich wenn ein Objekt leerstehend ist. Eine Woche nach Beantragung der Zwangsversteigerung durch den Hauptgläubiger, also die Sparkasse, wurde die Wohnung jedoch vermietet. Ein Vorgang, der der Sparkasse zum Zeitpunkt der Beantragung bereits bekannt gewesen sein muss, denn die Vermietung führte der von der Sparkasse eingesetze Zwangsverwalter durch, der Rechtsanwalt Dr. R.. Das alles wäre ja soweit kein Problem, läge der tatsächliche Mietpreis nun nicht plötzlich bei 6 Euro pro qm. Das wiederum macht das Gutachten quasi ungültig und verringert den Ertragswert um 25%. Und gerade wegen des Ertragswertes wird so ein Gutachten ja vom Gericht (übrigens auf Kosten des Steuerzahlers) überhaupt erst angestrebt. Denn nach diesem Wert richtet sich das festgesetzte Minimalgebot für eine Immobilie, die bei 7/10 des Ertragspreises liegt. In diesem speziellen Fall jedoch, müsste sich diese Grenze wegen der kurzfristigen und unwirtschaftlichen Vermietung nach hinten verschieben und zwar um genau jene 25%, was für die Bank einen Verlust von rund 40 000 Euro bedeutet. Diese Summe gegen zwei Monatsmieten für eine 63 qm Immobilie gerechnet, erschien mir irgendwie abstrus. Das fand die zuständige Sachbearbeiterin bei der Bank aber nicht. Nachdem sie mich erstmal mit einem saloppen "Tach" am Telefon begrüsst hatte, stellte sich neben der Tatsache, dass sie einfach nur unhöflich war schnell heraus, dass sie auch keinen blassen Schimmer hatte, was diese Immobilie betraf. Trotz vorliegender Akte. Sie wusste nicht wie hoch das Wohngeld pro Monat war. Sie wusste nicht weshalb der Zwangsverwalter zwei Monate vor der Auktion die Wohnung noch vermietet hatte. (Was eh schon Irrsinn ist, denn jeder neue Besitzer wird sich seine Mieter selbst aussuchen wollen, abgesehen davon ist eine Dauervermietung für so eine exponierte Lage vollkommner Unsinn.) Sie behauptete die Bank brauche eben die Mieteinnahmen um ihre Unkosten zu decken. (Indem sie neue, erheblich höhere Unkosten riskiert?) Die Sache mit dem Ertragswert verstand sie gar nicht erst und sagte wortwörtlich "So können Sie sich das jetzt nicht drehen." Sie behauptete als Käufer habe man ja der Mieterin gegenüber ein ausserordentliches Kündigungsrecht (was stimmt) und die Mieterin müsse dann ja eh sofort ausziehen (was nicht stimmt). Sie wurde patzig und fühlte sich scheinbar irgendwie ertappt, so zumindest mein Eindruck. Meine Nase sagt mir, dass hier irgendetwas faul ist. Nur was? Als alte Miss Marple Leserin weiss ich, dass man sich bei kriminellen Handlungen als erstes fragen sollte: cui bono? Wem nützt es? Der Bank jedenfalls nicht. Aber was ist mit dem Rechtsanwalt.? Oder der Tante von der Bank? Oder beiden zusammen? So wie die Sache liegt, wird höchstwahrscheinlich niemand, der sich gut informiert hat die Wohnung zum festgelegten Preis ersteigern. Sollte dieser Fall eintreten, wird die 7/10 Grenze aufgehoben und auf 5/10 festgesetzt. Und zwar 5/10 des dann aktuellen Ertragswertes. Ein Megaschnapper. Vor allem, wenn der Käufer vielleicht die Mieterin kennt und eine Verabredung mit ihr getroffen hat dass sie wieder auszieht. sobald er das Ding erworben hat. Und was ich mich auch noch frage: ist es eigentlich rechtens, wenn eine Bank aufgrund eines offiziellen Gutachtens eine Zwangsversteigerung mit einer bestimmten Mindestsumme anleiert, obwohl seitdem bekanntermassen der Ertragswert um 25% gefallen ist? Was für ein hübsches, kleines, ostdeutsches Wespennnest. ... comment
aboese,
Mi Jan 12, 2005, 15:00
offen gesagt ...
... geht mir ihr ossi-bashing ein wenlein gegen den strich, werte frau g. abzocker gibts schließlich überall. und schlechten service auch. vielleicht ist die gute dame nur gut geschult in sachen übervorteilung und immobilienhökerei. na, und von wem sie das wohl gelernt hat? in diesem sinne, immer die ihre, a.böse
... link
frau g.,
Mi Jan 12, 2005, 15:35
Offen gesagt
hat das mit Ossi-Bashing nichts zu tun, die Sache spielte sich aber nunmal im Osten ab.
Wenn Sie daraus Allgemeingültigkeiten lesen möchten, dann ist das Ihre Interpretation. In diesem Blog geht es um meine Erfahrungen. Und die sind wie sie sind. Ehrlich gesagt denke ich nicht, dass die Leute im Osten darauf angewiesen waren von Westlern zu lernen wie man andere übervorteilt. Das ist eine menschliche Eigenschaft, die ganz grenzenlos und überall verbreitet sein dürfte. Was sie aber eventuell noch lernen könnten wäre es geschickter anzustellen, als sie es tun. ... link
aboese,
Mi Jan 12, 2005, 22:47
mit den interpretationen ...
... ist es so eine sache, werte frau g. ;-). wo habe ich denn geschrieben "von Westlern zu lernen wie man andere übervorteilt"? das wiederum ist dann wohl ihre interpretation - dass die dame es von westlern gelernt habe. vielleicht wars ja auch ein russe? ;-)))
es tut mir leid, dass sie offenbar so schlechte erfahrungen mitm osten machen oder gemacht haben. da ich die nicht teile und den osten und die menschen hier einfach gern mag, seit ich hier lebe, mögen sie mir die verteidigung derselben verzeihen. immer die ihre, a.böse ... link
frau g.,
Mi Jan 12, 2005, 23:40
Ich frage mich weshalb Sie ausgerechnet aufgrund dieses Eintrags meinen den Osten so vehement verteidigen zu müssen?
Allein im letzten Jahr habe ich mich insgesamt gut zwei Monate äusserst freiwillig im Osten aufgehalten. Und ich habe dort natürlich sehr viele nette Leute kennengelernt. Unter anderem Kathrin, eine Frau aus Halle, die mir nicht nur ans Herz gewachsen ist und mir das Wort "Bullettenfresser" beibrachte. Sie erzählte auch gern davon wie Kacke alles in der DDR gewesen ist und wie ihr die Leute auf den Keks gehen, die sich immer noch verhalten wie zu Honeckers-Zeiten. Denn auch die gibts dort noch, da beisst die Maus kein Faden ab. Grundsätzlich ziehe ich es halt vor die Menschen so zu sehen wie sie sind und sie im Zweifelsfall inklusive ihrer Ecken und Kanten zu mögen, als sie mir schön zu reden. Für mich muss die Welt nicht perfekt sein. Weder im Westen, noch im Osten. ... link ... comment |
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Letzte Aktualisierung: 2013.07.29, 16:19
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Es ist warm. So warm, dass man nicht viel machen kann... by frau g. (2013.07.29, 16:19) Politisch korrektes Deutsch
O.k.... man hat ja meist ein gewisses Selbstbild von... by frau g. (2012.01.02, 12:23) Sie haben eine ganz tolle...
Sie haben eine ganz tolle Einstellung dazu, deswegen:... by sid (2010.11.24, 13:43) |